Phillip D. Laner und Wilko Müller
jr
Stronbart Har
Solar X-Sonderdruck des Andromeda
SF-Clubs in 5 Heften Format A5 & Anhang
Bezug über Wilko Müller jr.,
Volhardstraße 20, 06112 Halle/S., Tel. (0345) 5126455, D. 1992-1994, 387 Seiten
Von Arno Behrend
Der Dieb und Abenteurer Brad
Vanquis hat die Schlinge schon um den Hals, als er von einer kleinen seltsamen
Gruppe unter Führung eines geheimnisvollen Magiers aus seiner Gefangenschaft
befreit wird. Zach-aknum, so heißt der Zauberer, die Elite-Kriegerin Micra (heißt
so nicht ein japanischer Kleinwagen?) und der Barbarenhäuptling Khuron Khan
wollen Brad in einem seltsamen Gebiet als ihren Führer einsetzen, weil nur er
dieses Gebiet mit gesundem Verstand durchquert hat.
Es handelt sich um den Stronbart
Har, den gefürchteten Fluchwald. Jederzeit können dort Raum- oder Zeiteffekte
auftreten, die die Reisenden an einen anderen, unbekannten Ort oder in einen
anderen Tag schleudern, bis sie den Verstand verlieren. Brads verhinderter
Henker, ein ebenfalls magisch begabter Lord-Magister Farm, nimmt mit einigen
Soldaten die Verfolgung auf, zunächst um seinen Gefangenen wiederzubekommen,
dann weil er vermutet, daß die Gruppe hinter sagenhaften Schätzen im Fluchwald
her ist.
Doch Zach-aknum hat andere Pläne.
Er stammt aus einer Parallelwelt. Beiden Welten, Horam Schlan und Horam Dorb
genannt, ist je eine Hälfte einer Götterstatue zugeordnet. Vor Jahrhunderten
vereinigte der finstre Zauberpriester Tras Dabur beide Hälften, um absolute
Macht zu erlangen, verlor aber bald den von Horam Dorb entwendeten Teil. Die
Dimensionstore zwischen den Welten brachen größtenteils zusammen, wodurch der
Fluchwald erst entstand. Zach-aknum soll die von ihm gefundene Hälfte seiner
Welt durch einen bestehengebliebenen Spalt nach Horam Dorb zurückbringen, da es
dort sonst weiterhin Mißernten und Chaos geben wird.
Im Fluchwald treffen die beiden
Gruppen auch mit dem immer noch lebenden Tras Dabur zusammen. Physische und
magische Schlachten müssen geschlagen wenden, ehe am Tempel von Somdorkan die
Entscheidung fällt.
Etwa 600 Taschenbuchseiten würde
das einzeilig bedruckte Papier der fünf Hefte füllen, in die dieser Roman
gezwungenermaßen aufgeteilt ist. Die Autoren haben diese Länge genutzt, um ihre
Helden und Schurken in mannigfaltige Verwicklungen zu stürzen. Das Personenkarussell
wird dabei noch angereichert, etwa durch eine unfreiwillige Gehilfin
Lord-Magister Farms. Diese Mata hat durch einen magischen Stirnreif das
Bewußtsein mehrerer Personen implantiert bekommen, die Farm im Auftrag seines
Königs hinrichten ließ. Diese „Bewußtseinsmatrix“ führt gerade im Fluchwald zu
überraschenden Effekten. Weitere Beigaben sind der gutartige, wenn auch
schwatzhafte Dämon Pek und ein sprechender Drache. Ihre kombinierte
Possierlichkeit wirkt allerdings gelegentlich etwas deplaziert.
Da der Fluchwald auf die Gedanken
jener reagiert, die ihn betreten, sind die Gefühle und Erinnerungen der
Reisenden von großer Bedeutung und werden entsprechend ausführlich beschrieben.
Durch diesen Kniff erfährt man viel über Brad und seine Gefährten, so daß sie
keine Schablonen bleiben. Auch der sadistische Farm ist sehr plastisch
geschildert. Bei der Beschreibung der Beziehungen zwischen den Personen, etwa
zwischen Brad und Micra, haben sich die Autoren allerdings Zurückhaltung auferlegt.
Wohl kaum jemals zuvor wurde eine
Erscheinung in einem Fantasy-Roman mit solch wissenschaftlicher Akribie
vorgestellt wie der Stronbart Har. Die Raum-Zeit-Phänomene im Fluchwald
scheinen verwirrend, haben aber System, so daß dieses Werk auch einen guten
Teil Science Fiction enthält. Daß seine beiden Schöpfer diesem Genre eigentlich
näher stehen, läßt auch der Umgang mit modernen Begriffen vermuten, die in
einer mittelalterlichen Atmoshäre eigentlich nichts zu suchen haben.
Über diese Feinheiten hilft die
spannende Handlung aber hinweg. Nach den vielen Wechselfällen, die die Personen
durchzustehen hatten, kommt das Ende allerdings etwas abrupt. Einige Fragen
bleiben offen. Konsequenterweise ist daber auch schon eine Fortsetzung in
Arbeit.
Stronbart Har ist solide Unterhaltung von einem Autorenteam, von
dem man noch einiges erwarten kann. Die Veröffentlichung eines Romans mit den
Mitteln des Fandoms ist sicherlich etwas Außergewöhnliches und eine Chance, die
tatsächlichen literarischen Fähigkeiten von „Amateuren“ zu testen. Wer sich für
den Inhalt dieses Epos erwärmen kann, sollte dieses Projekt durch eine
Bestellung unterstützen!
Andromeda Nachrichten 152