Stronbart Har – Flucht aus Combar (Teil 1), überarbeitete Fassung
 
Das Autorenduo, bestehend aus Wilko Müller jr. und Philipp D. Laner, hat für dieses Werk schon von Anfang an die richtigen Zutaten gewählt, um eine spannende Fantasy-Geschichte zu kreieren – wie zum Beispiel einen geheimnisvollen Fluchwald, Szenerien voller Magie wie aus dem Mittelalter und detailverliebt charakterisierte Romanfiguren. Das ließ sich schon auf den ersten Seiten feststellen.
Wie immer, wenn ich neue Geschichten in Angriff nehme, kam ich etwas schwer in den Text hinein. Man muss sich an eine vollkommen fremde Welt gewöhnen, an unbekannte Bezeichnungen und neue Figuren, die man bislang noch nicht kannte. Aber schon nach wenigen Seiten hatte ich mich auf Horam Schlan quasi akklimatisiert, fühlte mich als heimliche Beobachterin der Geschichte. Als hätte der garstige Magier wieder eines seiner geheimen Fläschchen vor meiner Nase geöffnet, war ich gleich voll damit infiziert.
Der Spannungsbogen ist während des Lesens nicht ein einziges Mal abgerissen. Die Handlung wurde bei dieser faszinierenden Geschichte zwar dicht gewebt, jedoch wirkt sie trotzdem nicht überladen. Sie ist durchdacht und sehr komplex, ohne den Leser dabei zu überfordern.
Wenn Wilko Müller jr. eine Geschichte schreibt oder sich- wie in diesem Fall – zumindest in sie einbringt, ist eines vorprogrammiert: es ist niemals NUR eine bloße nette Fantasieerzählung. Nein, man wird zugleich unweigerlich zum Nachdenken angeregt. Und hier habe ich nun das dickste Lob zu vergeben: Die intelligente Konzeption dieses raum- und zeitverändernden Fluchwaldes ist genial! Dennoch wird er nicht wissenschaftlich-nüchtern beschrieben, sondern ist voll von bildhaften Beschreibungen. Da sind entartete Tiere, Illusionen, Pyramiden und ein wahnsinniger Zauberer zu finden. Es gibt Raum- und Zeitlinien, der Wald ist quasi interaktiv. Träume und Gedanken werden zur Realität, und der Leser bekommt eine Ahnung davon, dass man in einem solchen Fall wohl kaum Möglichkeiten zur Kontrolle hätte.
Doch das ist längst noch nicht alles. Es geht um Dimensionstore, Zwillingswelten, einen seelenspeichernden Reif und andere Phänomene, die nur ein schreibender Wissenschaftler in dieser Weise präsentieren kann. Ich weiß ja nicht, wer bei diesem Autorenduo welche Aufgaben innehatte – die Zusammenarbeit ist jedenfalls bestens gelungen! Beim Leser muss allerdings eine gewisse Intelligenz und Allgemeinbildung vorausgesetzt werden, sonst verknoten sich speziell bezüglich des Fluchwald-Konzeptes schnell die Gehirnwindungen.
Der Schreibstil ist ein wenig anders als bei Herrn Müllers „Fräulein Schmidt“-Reihe. Die Sätze wirken nicht charmant-spontan, sondern eher wohldurchdacht-perfekt. Was ich damit meine? Nun, sonst war in Müllers Werken immer ein gewisser (gelegentlich recht schwarzer) Wortwitz enthalten, den ich dieses Mal nicht im selben Ausmaß entdecken konnte. Dafür ist dieses Werk sehr sauber durchgearbeitet, es wurde peinlich genau auf die Verwendung von Synonymen und den bestmöglichen Ausdruck geachtet. Das mag einerseits der Tatsache geschuldet sein, dass  an der Entstehung des Werkes zwei Autoren beteiligt waren, die sich gegenseitig zu Höchstleistungen antrieben. Andererseits wurde dieses Buch komplett überarbeitet, wodurch natürlich Veränderungen und Korrekturen möglich wurden.
Am Schluss erhält der interessierte Leser noch Details über die Ausbildung der Warp-Krieger, den Stronbart Har und andere Kuriositäten geliefert – und zwar auf eine sehr angenehme Art und Weise. Anstatt die Informationen langatmig im Text zu verpacken, wurden sie komprimiert am Schluss des Werkes dargeboten. So bleiben sie demjenigen vorbehalten, welcher echtes Interesse zeigt. Dabei erweckten die Autoren auch noch den Eindruck, als existierten die beschriebenen Dinge tatsächlich, wären aus alten Quellen überliefert. Ich bin mir jetzt noch nicht ganz sicher, ob dem nicht wirklich so ist – ich denke, ich werde mal googeln gehen. Man weiß bei Müller jr. nämlich nie, welche Bestandteile komplett erfunden sind.
So oder so – das Buch hat mich gepackt und ich habe beim Weglegen danach gefiebert, endlich weiterlesen zu können. Daher muss ich auch unbedingt die beiden bereits erschienenen Folgebände in meinem Bücherschrank stehen haben. Und eines weiß ich schon nach Teil 1: Ich wünschte, das Werk würde einem Peter Jackson in die Hände fallen. Wenn ich mir vorstelle, was dieser Regisseur aus „Stronbart Har“ machen könnte … ein gut inszenierter Film würde dem „Herrn der Ringe“ sicher in nichts nachstehen!
 
G. Bauer
 


Stronbart Har – Zum letzten Tor (Teil 2), überarbeitete Fassung
 
Mit dem Buch ist es wie mit dem Inhalt – ist man erst einmal im Stronbart Har, kommt man so leicht nicht wieder heraus. So erging es jedenfalls mir mit dem zweiten Teil der Geschichte; ich bedauerte es jedes Mal, sooft ich das Buch wegen lästiger Alltagsverpflichtungen aus der Hand legen musste.
Ich litt mit den Romanfiguren, denn die (meist beängstigenden) Phänomene im Fluchwald wollen einfach kein Ende finden. Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet und werden dadurch für den Leser plastisch greifbar. Mit einer schier überbordenden Phantasie beschreibt das Autorenduo Müller/Laner detailverliebt Raum- und Zeitverschiebungen und deren komplexe Auswirkungen, so dass vor dem geistigen Auge tatsächlich die beschriebenen Szenen zum Leben erwachen. Andererseits ist es wie im richtigen Leben: man geht einen Schritt vor – aber zwei wieder zurück. Davon können Brad und seine Gefährten ein Liedchen singen.
Besonders gegen Ende des 2. Teils überschlagen sich die Ereignisse richtig schön, die Spannung wird auf die Spitze getrieben. Ich möchte nicht einmal in die Nähe der „Ebenen des Wahnsinns“ gelangen oder mich überwinden müssen, in den Mund einer riesigen Statue zu steigen … die Autoren spielen da mit Urängsten des Menschen und bringen dem Leser somit den Mut und die Verzweiflung der Helden näher, die diese Abenteuer durchstehen müssen. Habe ich mich gefreut, als der fiese Zauberer Tras Dabur vom Gott Horam persönlich aus dem Rennen genommen wurde!
Richtig putzig fand ich die Kommentare des kleinen Dämons Pek – und in ihnen kehrte bei Band 2 auch der Müller’sche Humor wieder, den ich im 1. Teil ein bisschen vermisst hatte. Vielleicht liegt es daran, dass dieser Band wieder verstärkt von Herrn Müller jr. geschrieben wurde, denn es gab durchaus ein paar Sätze, in denen ich seinen unterschwellig schwarzhumorigen Schreibstil wiederzuerkennen glaubte. Ich mag es, wenn man trotz aller im Fluchwald lauernden Gefahren hin und wieder schmunzeln muss.
Ich denke, bei einer Buchbesprechung sollte man eben das nicht tun, was offensichtlich gängiger Usus ist: den Inhalt des Buches langatmig beschreiben und hierbei jedes einzelne Wort zerpflücken. Es geht meines Erachtens mehr um den Gesamteindruck, den ein Werk beim Leser hinterlässt. Mit welchen Emotionen stellt er es nach dem Lesen in den Bücherschrank?
Gerne verrate ich, wie es um meine Gefühle stand: Ich liebe diese Bücher und muss nun unbedingt Zeit für Band 3 finden! Sehr gespannt bin ich auf Horam Dorb, die Zwillingswelt Horam Schlans …
 
G. Bauer